Ich bin ein Freak. Oder auch ein Nerd. Das meint man sicherlich zunächst nicht, weil ich auf den ersten und sogar den zweiten Blick keiner freakigen oder nerdigen Gesellschaftsgruppe angehöre. Ich neige beispielsweise nicht dazu, mich zu meiner zugegeben meist schwarzen Kleidung kalkweiß zu schminken, mir das Haar wild aufzutoupieren und meine Nächte Hühner schlachtend und Katzen opfernd auf dem benachbarten Friedhof zu verbringen. Auch hänge ich an den Wochenenden nicht auf irgendwelchen LAN-Partys rum, bis an die Zähne digital bewaffnet und völlig übermüdet, weil Schlaf aus Angst vor einem Hinterhalt der anderen LAN-Freaks nicht in Frage kommt. Ich interessiere mich ebenso wenig für Physik wie für Chemie und bastele mir auch daheim gerade nicht meinen ganz eigenen kleinen Computer zusammen, den ich dann zukünftig unter einem an irgendein Obst erinnernden Namen vertreiben möchte, um mir damit ein Millardenimperium aufzubauen.
All das tue ich nicht. Und trotzdem könnte man mich für einen Freak halten, denn ich LIEBE … Excel-Tabellen. Es gibt nichts, wozu ich keine Excel-Tabelle erstelle. Den Wocheneinkauf, sämtliche Einnahmen, sämtliche Ausgaben, sämtliche Steuern nach Überflüssigkeits- und Ärgerlichkeitsskala, sämtliche Schulden und alles Verliehene, Wochenaufgaben, Monatsaufgaben … eine schlichte Liste ist mir zu simpel. Es muss eine Tabelle sein, mit Formeln, die mir mit einem Klick ausrechnen, was ich wissen will. Auch wenn ich schon wenig später nicht mehr weiß, was das war und was diese Zahl am Ende des Dokuments denn nun eigentlich für mich heißt. Aber das ist egal. Erst mal geht es mir nur um das Erstellen einer solchen Tabelle, mit denen ich mittlerweile auch meine Redaktionskollegen nerve. Den Satz „Ich habe da mal eine Excel-Tabelle erstellt und auf den Server gelegt …“ können sie schon lange nicht mehr hören. Mir ist das egal. Ich plane, mein komplettes Leben mithilfe von Excel-Tabellen durchzustrukturieren. Treffen mit Freunden, ein Abend mit dem Liebsten, Telefonate mit den Eltern … alles muss sich unterm Strich rechnen, und ob es das tut, sagt mir die entsprechende Excel-Tabelle. Ich habe auch eine Tabelle für meine Kolumnen erstellt, und diese hat mir ausgerechnet, dass in dieser Woche nach 365 Wörtern Schluss sein muss, damit sich das für mich noch rentiert. Also …