Volbeat: „Wir müssen den Ärzten glauben.“

Volbeat: „Wir müssen den Ärzten glauben.“

Am Freitag veröffentlichen Volbeat mit „Servant Of The Mind“ ihr mittlerweile achtes Studioalbum. Das entstand zwar während der Pandemie, doch hat es mit dieser Krise ansonsten wenig zu tun. Worum es tatsächlich geht, verrät Frontmann Michael Poulsen ntv.de im Interview.

Seit 20 Jahren sind Volbeat nun schon im Musikgeschäft und haben sich seit ihren Anfangstagen stetig hochgearbeitet. Spielten sie einst im Vorprogramm von Metal-Kollegen wie Black Sabbath und Metallica, füllen die vier Dänen inzwischen selbst die Stadien. Für den Sommer 2022 sind auch in Deutschland endlich mal wieder zwei Open-Air-Konzerte geplant. Am 2. Juni werden sie im Expo Plaza in Hannover zu Gast sein und am 14. Juni in der Berliner Wuhlheide. Dazwischen stehen Auftritte bei Rock am Ring und Rock im Park auf dem Programm.

Am Freitag veröffentlichen Volbeat mit „Servant Of The Mind“ aber erstmal ihr mittlerweile achtes Studioalbum. Das entstand zwar während der Pandemie, doch hat es mit der Corona-Krise wenig zu tun. Worum es tatsächlich geht, verrät Frontmann Michael Poulsen ntv.de im Interview.

ntv.de: Hallo Michael, wie ist das Leben in Dänemark gerade so?

Michael Poulsen: Es ist okay, wenn auch ein bisschen verrückt. Aber es ist, was es ist, oder? Wir hangeln uns von Tag zu Tag.

Du lebst ja seit Jahren mit deiner Familie eher ländlich und nicht mehr mitten in Kopenhagen. Hat sich das in der Pandemie ausgezahlt?

Grundsätzlich war ich überhaupt froh darüber, mal längere Zeit zu Hause sein zu können. Wir waren so viele Jahre beinahe ständig auf Tour. Plötzlich war da eine Menge Zeit, um daheim zu sein. Das hatte auch viel Gutes. So hatte ich die Möglichkeit, meine Akkus mal wieder aufzuladen. Natürlich ist es nicht gut, dass wir eine Pandemie haben, das meine ich nicht. Aber für mich kam sie recht passend. Ich finde es toll, Zeit mit meiner Familie, meinen Kindern verbringen zu können. Und ich konnte Songs für ein neues Album schreiben. (lacht)

Die Pandemie dauert nun schon fast zwei Jahre. Trotzdem hast du die neuen Stücke in nur drei Monaten fertig gehabt …

Ich hatte so viele Inspirationen zu verarbeiten. Und dazu all die Energie, die ich sonst auf Tour und auf der Bühne herauslasse. So aber konnte ich in meiner Bubble bleiben und alles an einem Stück abarbeiten. Wir waren auch nur zweieinhalb Wochen im Studio, um das Album dann aufzunehmen. Das war fast wie in alten Zeiten, und ich glaube, das hört man dem Material an.

Absolut. Es ist rauer, härter und erinnert an frühere Alben …

Wir konnten durch die Situation spontaner agieren. Das hat dazu geführt, dass es insgesamt tatsächlich „more heavy“ geworden ist. Ich bin ja einst mit Death Metal gestartet, ehe ich Volbeat gegründet habe. Und durch einige Podcasts, die ich während der Pandemie gemacht habe, hatte ich sehr viele Flashbacks in diese Zeit. Wir hatten aber vorher keine Idee, dass es sich dahin entwickeln würde.

Eure Coverversion von Metallicas „Don’t Tread On Me“ für deren Annniversary-Abum hatte damit also nichts zu tun?https://www.youtube-nocookie.com/embed/NJMZ6OB3ofM?rel=0&showinfo=0

Nein, denn unser Album war schon vorher fertig. Wir hatten noch etwas Zeit im Studio und haben angefangen, an Coverversionen zu arbeiten, als der Anruf von unserem amerikanischen Management kam. Ob wir Teil des Projekts zum 20. Jubiläum des „Black Album“ sein wollten, fragte man uns. Erstmal willst du „Hurra, natürlich!“ rufen. Allerdings ist das Metallica-Album perfekt so, wie es ist, sodass man das eigentlich doch nur versauen kann. Also haben wir lediglich zugesagt, es mal zu versuchen. „Don’t Tread On Me“ schien die Metallica-Nummer zu sein, die wir am ehesten zu einer Volbeat-Nummer machen konnten. Also haben wir herumprobiert und schon am nächsten Tag unsere Version aufgenommen. Die Metallica-Fans mochten es total, was für uns das Wichtigste war. Darauf sind wir sehr stolz.

Hat die Pandemie neben dem zeitlichen Faktor eigentlich auch einen inhaltlichen Einfluss auf dein Songwriting gehabt?

Nein, in den Lyrics spielt sie keinerlei Rolle. Ich habe mich auch da eher an Dinge aus der Vergangenheit erinnert.

Ihr seid eine Band, die – wie du schon sagtest – eigentlich sehr viel live spielt. Wie groß ist der Drang nach fast zwei Jahren, endlich wieder auf die Bühne zu können?ANZEIGE

Dafür muss man wissen, dass ich während dieser Zeit auch noch eine Operation an den Stimmbändern hatte. Die Heilung hat sehr lange gedauert, ich arbeite noch immer an meiner Stimme. Auch deswegen kam für mich die Pandemie genau richtig. Ich konnte damals eine ganze Weile kaum sprechen und war deswegen im Krankenhaus. Dort entdeckten die Ärzte einen Knoten auf meinem rechten Stimmband, der entfernt werden musste. Danach musste ich erst wieder lernen, normal zu sprechen und zu singen. Ans Livespielen war also ohnehin nicht zu denken. Aber natürlich reicht es jetzt auch mal, jetzt darf es wirklich bald wieder losgehen. Mit dem neuen Album wollen wir selbstverständlich auf Tour. Wir haben für 2022 und 2023 viele Shows geplant und hoffen, dass es nicht mehr allzu viele Lockdowns geben wird. Aber man weiß natürlich nie …

Gab es aufgrund deiner Erkrankung zwischendurch auch schon mal die Sorge, dass du nicht wieder mit voller Kraft ans Mikrofon zurückkehren könntest?

Ich habe nicht allzu viel darüber nachgedacht. Für mich war klar, dass es die Operation schon richten würde. Die Ärzte haben gesagt, dass das wieder gut wird. Dank eines professionellen Programms mit Vocal Coach. Es würde seine Zeit dauern, aber es würde wieder gut, hieß es von Anfang an. Daran habe ich immer geglaubt. Und jetzt bereiten wir uns auf die Shows im kommenden Jahr vor …

In Dänemark liegt die Impfquote bei etwas über 76 Prozent. Deutschland tut sich in Sachen Impfungen schwerer, und gerade hier habt ihr viele Fans und wollt auch Konzerte spielen …

Natürlich, Deutschland ist unsere zweite Heimat, denn dort hatten wir von Beginn an den größten Erfolg und die meiste Unterstützung. Wir hoffen, im Sommer dann ohne Beschränkungen bei euch spielen zu können.

Du hast für deine OP der Schulmedizin vertraut. Wie viel Verständnis hast du für die Leute, die in der aktuellen Situation genau das nicht tun?

Vielleicht haben diese Leute schlechte Erfahrungen mit Ärzten gemacht? Ich weiß es nicht. Aber wenn man einen Blick zurück in die Geschichte wirft, gab es das Problem schon öfter. Heute sind die Ärzte nur viel weiter, weil in der Forschung jeden Tag so viel passiert. Wir müssen den Ärzten glauben, uns auf diese Erkenntnisse verlassen, wenn es zu so etwas wie einer Pandemie kommt. Wenn wir zurück zur Normalität wollen, brauchen wir die Impfung. Es ist gefährlich, die Impfung abzulehnen, denn das ruiniert unsere Gesellschaft. Ich bin nicht der Typ, der andere anstecken und krank machen möchte. Aber ich kann den Leuten natürlich nicht vorschreiben, was sie glauben sollen. Ich kann nur darum bitten: Vertraut der Medizin!

Wie verhält es sich mit eurer Crew? Roadies, Techniker und so weiter waren ja finanziell in der Zeit ohne Gigs besonders gebeutelt … Nicht wenige mussten sich andere Jobs suchen.

Wir haben eine feste Crew, viele der Leute arbeiten schon sehr lange für uns und tun das auch weiterhin. Sie werden wieder mit uns unterwegs sein, wenn es losgeht. Aber natürlich haben sich auch in unserem Umfeld ein paar Menschen eine andere Arbeit suchen müssen, um in dieser Zeit zu überleben.

Was wünschst du dir also für das kommende Jahr?

Ich hoffe, dass die Welt sich endlich wieder mehr in Richtung Normalität bewegt. Das wäre das schönste Weihnachtsgeschenk, denn leider sterben noch immer viel zu viele Menschen derzeit an diesem Virus.

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