oder: Ich wäre so gern ein besserer Mensch – Teil 1
Nazis randalieren vor Flüchtlingsheimen, sofern sie sie nicht sofort abfackeln. Sie pöbeln und fighten, für ihre ganz eigene Vorstellung unseres Landes, die falscher nicht sein könnte. Dass sie dann auch noch in S-Bahnen auf ausländisch anmutende Kinder pinkeln – ob nüchtern oder mit 2,31 Promille ist mir dabei völlig egal – setzt dem die Dornenkrone auf. Es ist beschämend, und eigentlich ist dazu alles gesagt. Von den einen früher und deutlicher, von den anderen – mit Blick auf die nächsten Wahlen – zögernder und ausweichender.
Doch Ausweichen ist keine Option mehr, auch wenn man vor der Schande lieber davonlaufen würde. Fortziehen, auswandern … in ein Land, in dem Toleranz, Mitgefühl und Nächstenliebe noch was zählen. Doch schaut man bei uns mal genau hin, ist die Lage gar nicht so hoffnungslos. Viele Menschen helfen, und sie tun es aus freien Stücken. Und natürlich darf man dem braunen Sumpf nicht einfach so das Feld überlassen.
So sehr sie jetzt auch an die von ihnen selbst gemachte Front drängen, ihr eigentlicher Anteil an der Bevölkerung ist doch hoffentlich geringer als es gerade scheint. Allerdings nicht gering genug, um sie einfach wegzuignorieren. Noch schlimmer als der tumbe Bodensatz der Gesellschaft, der sich durch Glatze und Springerstiefel leicht erkennen lässt, sind die Belesenen in Hemd und Sakko, die inzwischen in vielen kleinen Städten – vornehmlich im Osten des Landes, aber auch meiner Heimstadt Dortmund – durch die Flure der Rathäuser stolzieren. Gewählt von Kreti und Pleti, die dann vor laufenden Kameras offenlegen, dass sie nichts, aber auch gar nichts verstanden haben.
Mir fällt es angesichts der Situation immer schwerer, mein eigenes, ziemlich normales Leben zu genießen. Immer mehr fühle ich mich wie die Made im Speck, die statt Flüchtlingsheime zu löschen, Nazis zu verprügeln und Migranten eine Zuflucht zu bieten, zwar hier und da was spendet, sich dann aber doch online das dritte Paar Schuhe im Monat bestellt und beim Ausgehen auch schon mal nen Fuffi auf den Kopf haut und mit dem Taxi nach Hause fährt.
Ein paar verdrückte Tränen vor dem Fernseher bei dem Blick in traurige Kinderaugen vor Notunterkünften und anschließend ein betroffener Facebook-Post – das hilft doch niemandem. Wenn es schon die Politik nicht überzeugend schafft, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen, sollten wir es tun. Dass ich anderen und vornehmlich auch mir selbst irgendwann an dieser Stelle raten würde, sich ein Beispiel an Til Schweiger zu nehmen, hätte ich auch nie gedacht.
P.S. Seine Filme finde ich aber trotzdem scheiße.