Entspannungsbedingte Bekleidungsleichen

Entspannungsbedingte Bekleidungsleichen

Zurück aus dem Pauschalurlaub. Fazit: Mich stresst es mehr, mich auf andere – nämlich windige Reiseunternehmer – zu verlassen, als meine An- und Abreise selbst zu organisieren. Das nur als kleiner Nachtrag zu meinem Beitrag der vergangenen Woche.

Was mir aber in dieser einwöchigen Auszeit auf einer der kleineren Baleareninsel auch aufgefallen ist: Beinahe ausnahmslos jeder mutiert binnen kürzester Zeit zum Hippie, wenn man ihn nur lässt. Sehr schön zu beobachten ist das direkt am Abreisetag auf dem Flughafen. Kaum ein Mensch – ganz gleich welchen Alters oder Geschlechts – der nicht in Flatterhemd oder -kleid am Gate steht und darauf wartet, sich nach der Landung in Deutschland in dem transparenten Fummel bei 15 Grad den Hintern abzufrieren. Doch die Verwandlung zum unschönen Schlabbertier beginnt bereits kurz nach der Ankunft am Urlaubsort:

Gehe ich daheim nicht mal ungekämmt und ungeschminkt zur Mülltonne, sind Haare und Make-up schon nach drei Stunden in der Gluthitze Spaniens nicht mehr mein vorrangiges Problem. Die bei 30 Grad im Schatten eintretende Entspannung bezieht sich in den ersten drei Tagen vor allem auf Äußerlichkeiten, ehe schließlich auch das Innerste nachrückt. Wenn das dann passiert, muss man allerdings aufpassen. In diesem Zustand neigt man nämlich eben zum Kauf hippiesker Schmuck- und Bekleidungsprodukte, die man ganz sicher vor Ort, niemals aber daheim tragen wird.

Wie viele solcher Klamottenleichen habe ich eigentlich schon im Schrank? Fühlt man sich im Urlaub selbst noch topp integriert in dem geblümten Gaze-Fummel in Türkis, stellt man beim Auspacken daheim umgehend fest, dass der beste Platz dafür ganz weit hinten im Kleiderschrank ist. Vielleicht ja im nächsten Urlaub wieder …? Ähnlich geht es mir auch mit Schmuck: Was einem am Urlaubsort selbst noch super schick und wahnsinnig individuell erscheint, ist im Alltag nicht nur lästig, sondern offenbart grundsätzlich auch dort erst seinen „Made in Taiwan“-Stempel. War man beim Kauf vor Ort eventuell zu sehr von der Sonne ge- oder der außerordentlich schönen Einkaufsumgebung verblendet?

So sehr ich mir aber auch Jahr für Jahr vornehme, von diesen durch zu viel Entspannung eingelullten Kaufaktionen abzusehen, irgendwas habe ich anschließend immer im Koffer, das nach einem kurzen Aufenthalt in irgendeiner Schublade dann doch im Müll landet. Dieses Mal habe ich mich aber auf Haarbänder von geringem finanziellem Aufwand beschränkt. Und diese sind nicht einmal geblümt, was mich hoffen lässt, dass sie sich das eine oder andere Mal – zumindest im Dunkeln der Nacht für einen Gang zur Mülltonne – bewähren werden.

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