Für den Thriller „The Little Things“ konnte Regisseur John Lee Hancock gleich drei große Stars verpflichten. Doch täuschen Denzel Washington, Rami Malek und Jared Leto nicht über die Schwachstellen des Drehbuchs hinweg, dem es an echter Spannung und emotionaler Tiefe mangelt.
Die Liste der Beteiligten am 1990er-Retro-Thriller „The Little Things“ klingt äußerst vielversprechend. Zum einen spielt Denzel Washington mit einigen Kilos mehr auf den Rippen einen alternden, gescheiterten Cop. Freddy-Mercury-Darsteller Rami Malek schlüpft in die Rolle von dessen ehrgeizigem Nachfolger und Jared Leto mimt einen verrückten Psychopathen. Der taucht in der Story so früh auf, dass man seine Rolle wohl verraten kann, ohne zu spoilern.
Zum anderen schritt Regisseur John Lee Hancock zur Tat, der zuvor Streifen wie „Blind Side“ und „The Founder“ verantwortete. Er wiederum holte sich erneut Kameramann John Schwartzman zur Seite, der schon bei „Jurassic World“, „Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers“ und „Armageddon“ auf dem Bock saß. Doch all das Namedropping hilft „The Little Things“ leider nur bedingt weiter, denn es sind eben die kleinen Dinge, auf die es ankommt, möchte man einen auf sämtlichen Ebenen funktionierenden Thriller abliefern. Aber von vorn.
Whodunit? Hedidit!
Joe „Deke“ Deacon (Denzel Washington) ist Deputy Sheriff in irgendeinem Kaff in Kalifornien. Als er nach Los Angeles geschickt wird, um dort ein Beweisstück abzuholen, tut er das nur sehr ungern. Der Grund für seinen Widerwillen ist, dass Deke eine unrühmliche Vergangenheit bei der dortigen Mordkommission hat. Vor Ort trifft er auf seinen Nachfolger Jim Baxter (Rami Malek), der gerade auf der Jagd nach einem Serienkiller ist. Dessen Modus Operandi erinnert Deke an jenen alten Fall, den er bis heute nicht lösen konnte und der ihn einst seinen Job kostete.
Obwohl ihm seine Obsession damals offenbar schon auf die Füße fiel, lässt sich Deke von Baxter dazu überreden, ihn bei den Ermittlungen zu unterstützen. In dem schrägen Albert Sparma (Jared Leto) erkennt er schnell einen vielversprechenden Verdächtigen und die zwei stellen dem schrägen Individuum nach. Doch ist Sparma mit so einigen Wassern gewaschen …
Viel Klischee, wenig Tiefe
Jared Leto steht die Verschlagenheit seines Charakters ins sonst eigentlich hübsche Gesicht geschrieben. Durch Körperhaltung, Gestus und Sprachduktus gelingt es ihm, der Figur etwas Unheimliches einzuhauchen. Allerdings wird dann aber auch wirklich jedes Klischee bedient, das es braucht, um mit wenigen Strichen einen Psychopathen zu zeichnen. Dass in seinem Bücherschrank eine Ausgabe von „Helter Skelter“ steht, dem Buch über die Morde der Manson-Bande, ist da nur konsequent.
Die Beziehung der beiden Ermittler Deke und Baxter zueinander ist kaum greifbar, scheinen sie trotz einiger emotionaler Momente irgendwie nicht recht zueinanderzufinden. Dafür fehlt beiden Figuren die Tiefe. Dabei geht es Hancock eigentlich eher um Charakterstudien sowie um das, was der Job bei der Mordkommission an Belastungen mit sich bringt und wie das die Männer zermürbt. „The Little Things“ ist kein klassischer Whodunit, es spielt im Grunde überhaupt keine Rolle, ob Sparma der gesuchte Frauenmörder ist oder nicht.
Und so fehlt für einen guten Thriller das Mysterium. Für ein Drama wiederum ist der tragische Held Deacon zu flach gezeichnet, das Schicksal von Baxter ist einem im Grunde sogar völlig schnurz. Und trotz einiger interessanter Wendungen bleibt am Ende die Frage: Warum wurde hier so viel Potenzial verschenkt? Dabei ist der Film vor allem optisch absolut gelungen, die düsteren Bilder atmosphärisch und beklemmend. Die langatmige Geschichte und ihre betont langsame Inszenierung allerdings lassen zu viele Wünsche offen.