Tinder für Arbeitslose

Tinder für Arbeitslose

Immer wieder kommt man in seinem Leben an einen Punkt, an dem man an dem zweifelt, was man da gerade tut. Das kann die Beziehung sein oder der Job, zu dem man sich allmorgendlich quält. Wer auf der Suche nach einem neuen Partner ist, versucht sich voller Verzweiflung bei Tinder, um dann festzustellen, dass die digitale Katalogwelt dem gleich kommt, was sonst nur übergewichtigen Mittsechzigern vor ihren Thailandreisen vorbehalten war. Schöne bunte Scheinwelt.

Wer sich hier über ein Match freut und glaubt, es bestünde echtes Interesse, wird schnell feststellen, dass manche Teilnehmer – in erster Linie Männer – einfach alles liken, um sich möglichst viele Optionen zu verschaffen. Kein Anspruch auf Exklusivität, also genau das, was – im Normalfall zumindest – Frauen nicht suchen. Und ich möchte auch gar nicht wissen, wie viele Typen auf dem Sofa sitzen und tindern, während ihre Frau in der Küche für Nahrung sorgt und die Kids im Kinderkanal „Der Kater mit Hut“ gucken. Es dürften einige sein.

Das Tinder also nicht taugt, wenn man eine ernsthafte Partnerschaft sucht, ist nicht neu und wenig überraschend. Unverbindlichkeit 3.0. Und somit könnte mir eine solche App auch für Jobsuchende vorstellen. Es wird ohnehin schon gedumpt, was das Zeug hält. Faire und pünktliche Bezahlung war gestern, Sozialleistungen, langfristige Verträge und feste Zusagen sowieso. Warum also nicht noch einen Schritt weiter gehen? Die Finder App.

Der suchende Arbeitnehmer stellt ein Foto sowie kurz und knapp seine Qualifikationen ein, der Arbeitgeber, was er zu vergeben hat – inklusive Arbeitsaufwand und Bezahlung. Wer matcht, ist eine Runde weiter. Persönliches Kennenlernen in lockerer Umgebung. Parameter abgeklopft. Passt oder passt nicht. Nehmen oder weitergehen. Vorbei die Zeit des lästigen Schreibens von Bewerbungen, auf die man wochenlang keine Antwort und dann eine Absage bekommt. Und welcher Arbeitgeber liest das langweilige Zeug schon gern?

Zehn Vorstellungsgespräche pro Tag sind möglich, die Masse machts. Irgendwas wird schon dabei sein. Und wer mit dieser Einstellung sein Liebesleben organisiert, braucht auf beruflicher Ebene doch erst recht keine Skrupel haben. Doch Obacht, Männer. Fotos mit Katze auf dem Arm oder Bierflasche in der Hand kommen schon bei tindernden Frauen nicht gut an, potenzielle Arbeitgeber dürften euch ebenfalls ganz schnell nach rechts in die Untiefen der App verbannen.

Und da kommen wir zu meinem eigenen neuen Job, den ich neben der eben erfundenen App anstrebe: Ich berate Männer und Frauen in der richtigen Darstellung ihrer selbst bei Tinder und Finder und biete auch gleich den passenden Fotoservice an, denn an der Stelle hakt es gewaltig.

Nachtrag: Da waren die Schweden mal wieder schneller. Ikea, H&M, ESC und nun auch noch die Selfie Job App.

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